Wie können wir das auf ­Hochschoberisch übersetzen?

Hotel
03.07.2019

Von: Thomas Askan Vierich
90 Jahre Hochschober: Gelegenheit, um mit Inhaberin Karin Leeb über die Marke Hochschober, notwendige Kooperationen, den Verzicht auf Booking, die Lehrlingsausbildung und die Übergabe an die nächste Generation zu sprechen. 
Gastgeber im Hochschober: Karin Leeb und Martin Klein.
Gastgeber im Hochschober: Karin Leeb und Martin Klein.

Frau Leeb, was ist der besondere Geist Ihres Hauses?
Karin Leeb:Dass es der Hochschober schafft, sich immer wieder neu zu erfinden und aus sich heraus weiterzuentwickeln. 

Wie schafft man das?
Indem man ganz wach ist, an der Branche dranbleibt und schaut: Was entwickelt sich Neues und wie können wir das auf Hochschoberisch übersetzen. Das unterscheidet uns von anderen erfolgreichen Häusern: Ein Newcomer wie das Forsthofgut in Leogang war vor zwanzig Jahren noch ein Bauernhof. Das nenne ich Revolution. Die haben sich komplett neu erfunden. Wir entwickeln uns über die Jahre konstant und nachhaltig weiter. Das ist keine Revolution, sondern Evolution. Es gibt viele gute Mitbewerber, alte und neue, evolutionäre und revolutionäre. In diesem sehr kompetitiven Marktumfeld müssen wir uns behaupten, unseren Markenwert ausbauen und absichern. Dafür brauchen wir viel Kraft!

Und gute Mitarbeiter! Wie bekommen Sie die hier auf 1.700 m Seehöhe?
Das ist über Generationen gewachsen. Meine Mama hat im Hochschober in den 1960er-Jahren als Lehrling angefangen!

Und heute bilden Sie 25 Lehrlinge aus – bei insgesamt 100 Mitarbeitern. Haben Sie kein Problem, junge Leute zu finden?
Wir haben mehr Angebote, als wir einstellen können. Und das in einer Zeit, in der Eltern ihren Kindern alles andere raten, als eine Lehre im Tourismus zu machen. Dieses Bekenntnis zur Lehrlingsausbildung, zur Arbeit mit jungen Leuten, haben wir uns über Jahre erarbeitet.

Bekommen Ihre Lehrlinge eine Jobgarantie? Bilden Sie also aus, um neue Mitarbeiter zu bekommen?
Wir schicken sie nach dem Lehrabschluss bewusst weg: ins Ausland oder zu unseren Kollegen von Best Alpine Wellness, wo wir Mitglied sind. In seinem Lehrbetrieb einfach weiterzuarbeiten grenzt ein bisschen an Inzucht. Aber wir halten Kontakt, und sehr viele kehren nach einigen Wanderjahren wieder zu uns zurück. 

„Das Schlimmste, was man seinen Kindern antun kann, ist einfach zu erwarten, dass sie den Betrieb schon übernehmen werden.“
KARIN LEEB

Wie werden die Lehrlinge von Ihnen betreut?
In Rahmen unserer Mitarbeiter-Akademie gibt es Module für alle drei Lehrberufe, die wir selbst entwickelt haben. Wir kümmern uns auch um die persönliche Seite: Es gibt regelmäßige Lehrlingskadergespräche, gemeinsame Aktivitäten. Meine Assistentin Melanie Hauptmann ist unsere HR-Beauftragte. Und natürlich sind wir Eigentümer immer ansprechbar. Best Alpine Wellness hilft uns auch mit betriebsübergreifenden Veranstaltungen und einem Lehrlingsaustausch.

Gibt es auch einen Austausch der ausgelernten Mitarbeiter?
Über eine Börse vermitteln wir uns gegenseitig Mitarbeiter. Einen Austausch auf Zeit gibt es auch. Das macht uns konkurrenzfähig gegenüber den Hotelketten und stützt unser Employer-
Branding. Wir sind mit der Best Alpine Wellness auch regelmäßig auf Recruitingmessen vertreten. Da würde man als Einzelbetrieb eher untergehen. Best Wellness nennt die Mitarbeiter „Helden“, es gibt also „Heldenveranstaltungen“, den „Helden am Herd“, mit coolen Fotos. Das kommt gut an bei jungen Leuten.

Kennt man als Tourismusschüler in Wien oder Innsbruck den Hochschober?
Ich glaube schon. Auch das haben wir uns hart erarbeitet. Ich bekomme bestimmt einmal in der Woche eine Anfrage im Rahmen einer Diplomarbeit. Andere Betriebe lehnen so etwas kategorisch ab, wir nehmen uns dafür Zeit. Wir nehmen an Umfragen teil, lassen Dinge bei uns austesten. Das hält uns im Gespräch. Das Ganze ist ein großes Puzzle mit vielen Steinchen.

Wie schaffen Sie es, nicht bei Booking zu sein?
Wir waren lange durch Stammgäste extrem ausgelastet. Dann kamen die Buchungsplattformen auf. Wir wollten uns da raushalten, der Hochschober sollte nur direkt buchbar sein. Jedes Jahr hinterfragen wir diese Entscheidung. Wir würden viel bestehendes Geschäft an Booking verlieren und Provisionen zahlen für etwas, das wir eh haben. Wenn unser Hotel in Saalbach stehen würde, müssten wir bei Booking sein. Denn Saalbach gibt viel Geld für Werbung aus, die Leute suchen „Saalbach“ bei Booking. Die Turracher Höhe gibt kein Geld fürs Marketing aus. Niemand sucht die Turracher Höhe auf Portalen. Das Geld geben wir aus fürs Onlinemarketing, Google Adwords, auch für Print. Wir positionieren uns selbst als Marke. Es fühlt sich für uns gut an, wenn alles in unserer Hoheit bleibt.

Sind Sie bei Metasearchern wie Trivago vertreten? Landet man dort automatisch mit guten Bewertungen?
Eben nicht automatisch. Das ist etwas tricky. Wir bekommen viele gute Bewertungen, wir bitten auch Gäste, uns zu bewerten. Wir haben alle Holiday-Check-Gold-Awards, alle Trip-Advisor-Zertifikate, da kümmere ich mich persönlich drum. Wir landen dort auch ziemlich weit oben. Aber ohne Preisangaben. Wir sind dort nicht buchbar. Und das macht uns ein bisschen speziell, unsere Gäste sprechen darüber. Das ist auch Teil unserer Positionierung. 

Ich habe gehört, Sie denken schon an die Übergabe an die vierte Generation. Hochschober 4.0?
Ja, das tun wir. Aber es ist nicht die vierte Generation in der Familie. Es handelt sich dabei um meine langjährige Assistentin Melanie Hauptmann und ihren Partner Darijo Vujicic,
 dem Assistenten der Geschäftsführung. Er ist der Sohn unseres Haustechnikers und unserer Hausdame, ein in Österreich geborenen Bosnier der zweiten Generation. Dass die beiden ein Paar sind, ist wichtig für unsere Gäste, das entspricht der Hochschober-DNA: die Gastgeber als Paar, als Familie. Die lernen jetzt, wie man den Hochschober führt, Darijo macht die Unternehmerakademie der ÖHV und begrüßt jetzt schon die Gäste.

Warum übergeben Sie nicht an Ihre Kinder?
Dazu muss ich etwas ausholen: Wir waren vier Kinder. Mein ältester Bruder war für die Übernahme vorgesehen. Er wurde aber nie gefragt. Als er sein Designstudium in den USA abgeschlossen hatte, kam ein Brief, dass er nicht zurückkommt. Schließlich habe ich die Nachfolge angetreten. Das Schlimmste, was man seinen Kindern antun kann, ist einfach zu erwarten, dass sie den Betrieb schon übernehmen werden. Natürlich gibt es auch für mich keine schönere Vorstellung, als dass unsere Kinder das hier fortsetzen werden.

Wie alt sind die jetzt?
14 und 16. Beide haben nicht den Weg in die Hotelfachschule eingeschlagen. Beide halten sich zurück beim finalen Commitment zum Hochschober. Sie sind hier aufgewachsen, wir haben zehn Jahre im Hotel gewohnt. Sie sagen, sie können es sich vorstellen, aber sie wollen sich noch nicht festlegen. Mein Mann und ich sind jetzt um die 50, wir wollen noch 15 oder 20 Jahre mit vollem Elan den Hochschober gestalten. In dieser Zeit sollen die Kinder den Freiraum haben zu machen, was sie wollen. Um diesen allmählichen Übergang in die nächste Generation verantwortungsvoll zu gestalten, haben wir uns entschlossen, eine Zwischengeneration einzuziehen. Das sind unsere Assistenten Melanie und Darijo, die uns in fünf Jahren vollumfänglich vertreten werden können und schon jetzt wichtige Impulse einbringen. Das nimmt den Erwartungsdruck von den Kindern. Sie können als Eigentümer mitbestimmen, sie können als Gastgeber da sein, so oft sie wollen, sie können studieren, ins Ausland gehen. Und wir müssen nicht darauf warten, dass sie hoffentlich bald heimkommen, um das hier zu übernehmen