Vor Ort: Braucht’s Sterneküche auf der Alm?

Gastronomie
22.08.2019

Von: Daniel Nutz
Seit elf Jahren lädt das Paznaun zum „kulinarischen Jakobsweg“. Auch wenn die Namensgebung eher nach alten Socken riecht, ist die Idee eine sehr gute.

Jedes Jahr werden fünf Spitzenköche (durchwegs auf Michelin-Sterne-Niveau) gebeten, ihr Know-how auf die alpinen Almhütten im Paznaun zu transferieren. Dafür, dass die Kooperation zwischen Sterne-Koch und Hüttenwirt funktioniert, zeichnet übrigens der mit drei Hauben dekorierte Martin Sieberer von der Paznaunerstube im Hotel Trofana Royal in Ischgl verantwortlich. „Es geht darum, dass sich die Sterne-Köche in die alpine Küche reinversetzen, nicht darum, dass sie Sterne-Küche für die Alm kreieren“, sagt Sieberer im Gespräch mit der ÖGZ.

Das gelang heuer unterschiedlich gut. Einen Treffer legte Paul Ivic vom Tian in Wien hin. Kompromisslos fair und raffiniert könnte man seine vegetarische Sterneküche beschreiben. Und mit seinem „Kasmuas“ von der (lokalen Ursorte) Fisser Gerste mit geschmortem Lauch und Birnen-Vinaigrette legte er in Sachen Hüttentauglichkeit eine Punktlandung hin.

Auch ein Treffer: Der Elsäßer Top-Chef Jean-Georges Klein (Restaurant Villa René Lalique) nahm die Idee eines Flammkuchens aus seiner Heimat auf die Alm mit.

Tristan Brandt (Restaurant Opus V in Mannheim) servierte Kalbsbäckchen mit den wenig regionalen Beilagen Süßkartoffel und Ingwer. Der Holländer Onno Kokmeijer gilt als steter Verfechter der internationalen Küche und legt auch im Restaurant Ciel Bleu in Amsterdam keinen Fokus auf Regio-nalität. Er kreierte Wagyu Short Rib, Schalotten, gesalzene Zitrone und Trappeur-Sauce. Schmeckt großartig, erwartet man aber vielleicht weniger auf einer Almhütte. Der Brite James Knappett serviert in London neben Sterne-Küche auch Hot Dogs mit Champagner und tischt in Tirol Damhirsch, Selleriepüree, in Tee getränkte Pflaume mit Schokolade auf. Schön regional – aber eben abseits der Wildsaison. Zusammenfassend könnte man sagen: zwei thematische Volltreffer aus fünf.