Verschluss-Sache: Wie nachhaltig ist deine Flasche?

28.06.2021

Von: Roland Graf
Begrünte Weingärten, Pferde statt Traktoren und Pestizid-Verzicht – die Ökologisierung des Weinbaus ist unumkehrbar. Jetzt nimmt man statt des Erdbodens auch den Expedit unter die Lupe.
Nachwachsender „Schrauber“ statt Aluminium: Stephan Mehofer zeigt es vor, ...
... sein Kollege Hartmut Aubell lässt Schutzkapseln ganz weg – die Kunden sähen das entspannt.

Die neueste gute Nachricht kam aus dem Piemont: 2021 wird es bei Barolo-Produzent Fontana­fredda die erste emissionsfreie Lese geben. Die Weingarten-Traktoren mit Biogas zeigen, dass auch in konservativen Weinregionen Ökologie ein Thema ist. In Österreich ist man zumindest bei den Vordenkern unter der Winzerschaft bereits weiter. 

Denn nach der Belebung des Weingartens hat man einen lange vergessenen Faktor ins Auge gefasst: die Verpackung der Rebensäfte. Vor allem schweren Flaschen, die nicht nur Sommeliers mit ihrem Eigengewicht nerven („ah, doch nichts mehr drin“), geht es an den Kragen. Denn je schwerer die exportierte Palette, desto größer die CO2-Belastung. 

Unnötig schwere Flaschen

„Das schwedische Weinmonopol schreibt aktuell etwa ein Gewichtslimit von 450 Gramm vor“, erzählt dazu der Wiener Alexander Zahel. Für das Familienweingut hat es schon vor Jahren „Klick“ gemacht, als die Weinautorin Jancis Robinson unnötig schwere Flaschen kritisiert hatte. Für die Gastronomie entwickeln die Bio-Winzer des Landes aber auch Lösungen, die an gute alte Zeiten erinnern. „Wir haben eine Mehrweg-Pfand-Holzkiste in Verwendung“, setzt Stephan Mehofer seinen Kampf gegen Verpackungsmüll fort. Das Wagramer Weingut hat bereits auf ungebleichten Kork und Schraubverschlüsse aus nachwachsenden Rohstoffen („Wood­Twister“) umgestellt. Eine geöffnete und gut frequentierte Gastronomie wäre ihm dafür sehr wichtig, seufzt der Winzer: „Wenn Gäste den alternativen Verschluss beim Wirt sehen, werden sie neugierig, und das Prinzip und der Vorteil können erklärt werden.“

Der Wirt als Öko-Partner

Tatsächlich zeigt die Gastronomie durchaus Interesse für ökologische Angebote. „Einweg ist ein Problem, doch wir haben in Wien und Linz Gastrobetriebe, die uns wie zu Vaters Zeiten Flaschen zum Abholen herrichten“, erzählt Hans Czerny (Weingut Wimmer-Czerny) aus Fels am Wagram. Noch radikaler, aber ebenfalls unwidersprochen ist die Lösung des Südsteirers Hartmut Aubell („Der Rebenhof“): „Wir verwenden unsere Faltkartons immer wieder, bis es nicht mehr geht. Die Optik ist mir da wurscht.“ Mit seinem Verzicht auf Schutzfolien über den Korken weiß er sogar die Sommeliers auf seiner Seite: „Es geht auch ohne und kommt in der Gastro­nomie gut an.“ Weniger Abfall und schnellerer Service sind hier gute Argumente.

Tatsächlich treibt diese „Verschluss-Sache“ nicht nur Winzer zu kreativen Lösungen. „Wir müssen uns über die Schrumpfkapsel unterhalten“, meint dazu etwa Theo Ligthart, der mit dem Freimeister-Kollektiv einen Vermarktungsverband kleiner Brenner gegründet hat. Aus Österreich sind z. B. Lisa Bauer (Fehring), die Waldviertler Whisky-Erlebniswelt Haider und die Mostviertler Georg Hiebl und Josef Farthofer dabei. Bei der einheitlichen Verpackung der Brände ersetzte man den thermoplastischen Kunststoff schlicht durch eine Kapsel aus Papier. „Das sieht bisweilen abgegriffen aus“, nimmt der Berliner bewusst Kritik in Kauf. Aber man wolle nicht nur faire Produkte mit lokalen Brennern produzieren, sondern eben auch im Detail nachhaltig denken. Ligtharts Nachsatz: „Selbst wenn die Lösung unbequem ist“. Zur Not kann man seinen Unmut ja mit einem Schnaps runterspülen. Und sich danach freuen, dass man auch an der Bar das Klima schützt.