Steuerreform: Verhaltene Freude

Steuern
02.05.2019

Von: Thomas Askan Vierich
So reagiert die Branche auf die angekündigten steuerlichen Entlastungen.

Man hat das Gefühl, dass sich die Branche angesichts großer Ankündigungen seitens der Regierung und der dann doch eher überschaubaren tatsächlich angekündigten Entlastungen, zu einem wohlwollenden „Immerhin“ durchringt. Alle betonen die (wenigen) Verbesserungen und mahnen gleich freundlich weitere Schritte an. Ob die kommen, ist allerdings mehr als fraglich. Denn das war sie ja nun: die große, wenn nicht „größte“ Steuerreform.

Entlastung für Mitarbeiter

An der Entlastung für die Mitarbeiter, auch und vor allem bei niedrigeren Einkommen, hat niemand etwas auszusetzen. Damit bleibt für alle am Ende mehr Netto vom Brutto. Eine Uraltforderung, die endlich zumindest ein bisschen Realität wird. Auch wenn man weiter auf die Abschaffung der kalten Progression warten muss.

Erhöhung der Abschreibungsgrenze

Aber auch Unternehmen profitieren. „Sowohl die Erhöhung des Grundfreibetrags bei der Steuerbemessungsgrundlage, die Anhebung der Kleinunternehmergrenze als auch die Erhöhung der Abschreibungsgrenze von geringwertigen Wirtschaftsgütern auf 1.000 Euro hilft treffsicher unseren Betrieben. Als größte heimische Arbeitgebersparte sehen wir in der Begünstigung für die Mitarbeiter-Erfolgsbeteiligung einen zukunftsweisen Anreiz“, sagt Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk.

Langfristige AfA-Fristen ungelöst

Die Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft, Petra Nocker-Schwarzenbacher, begrüßt das steuerliche Entlastungspaket der Bundesregierung, insbesondere die schrittweise KÖSt-Senkung und die Anhebung der Grenzen für die Absetzung der geringwertigen Wirtschaftsgüter: „Aber natürlich haben wir weiterhin unsere Kernforderungen nach einer Reduzierung der Fristen für die AfA, eine USt-Senkung für alle touristischen Leistungen sowie KMU-Investitionsbegünstigungen im Fokus, damit wir die Konkurrenzfähigkeit unserer Betriebe im internationalen Vergleich sichern können.“

Mitarbeiterbeteiligung gut für Start-ups

Die Junge Wirtschaft Wien freut sich speziell über die Erleichterungen bei der MitarbeiterInnenbeteiligung: „Gerade kleinere Unternehmen und Start-Ups werden von der Neuerung profitieren. Denn einerseits stellt die MitarbeiterInnenbeteiligung für UnternehmerInnen eine kostengünstige Form der Kapitalbeschaffung dar – vor allem im direkten Vergleich mit einem klassischen Kredit, der oft mit strengen Auflagen verbunden ist“, führt Havel aus. Andererseits würden auch die Mitarbeiter profitieren. Denn wer investiert, wird auch am Gewinn beteiligt. Bis zu zehn Prozent des Gewinns sollen Unternehmen künftig steuerfrei an ihre Mitarbeiter ausschütten können, die Obergrenze liegt bei jährlich 3.000 Euro pro Kopf.

Hotellerie: zu wenig Investitionsanreize

„Alles, was Arbeit attraktiver macht, stärkt den Standort“, begrüßt Michaela Reitterer, die Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), nach der Einführung des Familienbonus und der Senkung der Sozialversicherungsbeiträge auch niedrigere Lohnsteuern, höhere Werbungskostenpauschalen und die neue Mitarbeiterbeteiligung: „Es wird nicht jeder Mitarbeiter und jeder Betrieb von jeder Maßnahme profitieren. Es wird aber für alle etwas dabei sein“, so die Arbeitgebersprecherin.

Dass das Steuer- und Abgabensystem bis hin zur lange erwarteten einheitlichen Dienstgeberabgabe vereinfacht und um „grüne Komponenten“ erweitert wird, sei genauso positiv wie die Erhöhung der GWG-Obergrenze. Doch bei Investitionsanreizen war die Erwartungshaltung höher, verspricht das Regierungsprogramm doch kürzere Abschreibungsdauern: „Es ist ausgemacht, es macht Sinn, es sollte also umgesetzt werden – noch dazu, wo die Haushaltprognosen so optimistisch ausfallen“, so Reitterer. Rückenwind erwartet sie da von der gesamten gewerblichen Wirtschaft wie auch von der WKÖ: „Die Altlasten bei der Abschreibung schaden den Auftraggebern im Tourismus und den Auftragnehmern im Gewerbe. Sie sind uns beim Investieren im Weg und müssen weg.“

Noch mehr Bagatellsteuern streichen

 "Die sofortige Abschaffung der kalten Progression (nicht erst 2023) und eine Vereinfachung der Lohnsteuerberechnung wären zusammen ein noch effizienteres Konjunktur-Ankurbelungsprogramm" stellt Thomas Reisenzahn, Geschäftsführer der Prodinger Tourismusberatung, fest.

Auch wenn man sich über die Abschaffung der Sektsteuer freut, gibt es immer noch genügend Bagatellsteuern in der Tourismus- und Freizeitsparte, zum Beispiel die Lustbarkeitsabgabe.