Sekt: Prickelnde Neuheiten

15.12.2017

 
Der alte Kaiser war ein Fan des „Österreichischen Champagners“. Auch wenn die Bezeichnung heute verboten ist, bei der Schaumwein-Qualität legen Kellereien und Winzer beständig zu
Von wegen „Sprudel“! Die stilistische Vielfalt im Schaumweinbereich gab es schon länger, nun sorgen experimentierfreudige Winzer und Kellereien auch für einen breiteren Sorten-Spiegel beim Sekt.

Im Sprachgebrauch – auch an der Schank – wird die „Champagner-Methode“ wohl unausrottbar bleiben. Lange stand sie als Qualitätsausweis auf den Etiketten heimischer Sekte, bis auch der zweite protektionistische Schritt der französischen Champagner-Winzer Erfolg hatte. Den ersten Sieg errangen sie bereits nach dem Ersten Weltkrieg; als Teil des Friedensvertrags mit Deutschland und Österreich mussten die damals bereits hochaktiven und renommierten Sekthäuser wie Schlumberger und Kattus auf die Bezeichnung „Champagner“ am Etikett verzichten. Mit dem EU-Beitritt ging es dann der „Champagner-Methode“ an den Kragen. „Méthode traditionelle“ heißt es nun, wenn in der Flasche vergorener Schaumwein serviert wird. Doch solange der Inhalt passt, soll uns das recht sein. 

36 Rebsorten zur Auswahl

Davon gibt es dank eines regelrechten Versektungsbooms in den letzten Jahren zum Glück genug. Rund ein Zehntel der gesamten Weinernte Österreichs wird für Schaumwein verwendet. Neben den großen Kellereien scheinen in dieser Statistik aber immer mehr Winzersekte auf, die das Angebot im Ab-Hof-Verkauf abrunden. Längst sind alle heimischen Sorten auch in einer Sekt-Version (oder zumindest als Frizzante, also Perlwein) verfügbar. Auch, was man gerne vergisst, rote Reben wie der Blaufränkisch ergeben dabei einen frischen Aperitif. Mit den Winzern kam auch eine erhöhte Stil-Vielfalt, man ließ den Experimenten auch mal sechs Jahre Zeit auf der Hefe oder entschied sich für das Weglassen der Fülldosage.

Will man ein Synonym für diesen modernen Schaumwein-Typus, dann ist das „Brut Nature“ oder „Zero Dosage“. Der karge, knochentrockene Stil kommt den heimischen Weißweinen oft entgegen, denn Säure ist – frühe Ernte vorausgesetzt – bei Varianten wie dem Welschriesling oder dem Grünen Veltliner in kühlen Jahren kein Problem. Gäste, die mit diesem knochentrockenen „Gaumen-Kärcher“, der ideal auf eine Menüfolge vorbereitet, weniger anfangen, haben allerdings auch die Auswahl der „schmeckerten“ Schaumweine made in Austria. Ob Muskateller- oder Traminer-Sekt, hier dreht sich alles um Frucht und Trinkspaß. 

Neue Sekt-Nomenklatur

Vereint im „Österreichischen Sektkomitee“ haben sich große wie kleine Versekter auf einen ab 2017 geltenden Standard geeinigt. Die Anregungen dazu holte man sich bei Schaumwein-Hochburgen wie der Champagne oder Franciacorta. Das Ergebnis ist eine vierstufige Sektpyramide, die mit der Kategorie „Österreichischer Sekt“ beginnt. Wie auch beim Qualitätswein besagt „Österreichischer“ hier, dass die Trauben aus dem Inland stammen, nicht zwangsläufig aber aus dem Weinbaugebiet des Erzeugers. Ein Golser Versekter könnte unter diesem Label also mit steirischen Trauben arbeiten. Der Zusatz „geschützter Ursprung“ (abgekürzt: g. U.) garantiert, dass Trauben aus dem jeweiligen Bundesland versektet wurden. Am Etikett steht dann ab Herbst 2017 beispielsweise „Burgenland Sekt g. U. Klassik“. Für Gastronomen ganz wichtig: Findet sich auf der Flasche hingegen „hergestellt in Österreich“, handelt es sich um Trauben aus dem Ausland!

„Gebietsschutz“ am Etikett

Weiters fixiert sind die Mindestlagerzeit des Sekts auf der Hefe, die für die „Klassik g. U.“ etwa neun Monate beträgt. Ebenfalls erstmalig in den Handel kommen ab diesem Winter die Sekte der zweiten Qualitätsstufe (Österreichischer Sekt Reserve g. U.). Hier sind ausschließlich Sekte zugelassen, die nach der traditionellen Methode, also Flaschengärung, produziert wurden. Die Reifezeit auf der Hefe wurde mit mindestens 18 Monaten vorgeschrieben, verkauft werden sie nach zwei Jahren. Dass man sich auf diese Kategorie freuen kann, unterstreicht Michael Malat, Vertreter der Winzer im Sektkomitee, beim ersten erhältlichen Jahrgang: „2015 wird einen kräftigen und reifen Charakter aufweisen“. 

Stilistisch wurde übrigens auch der Höchstalkohol für die „Klassik g. U.“ festgeschrieben; die Idee dahinter ist die klarere Abstufung heimischer Aperitif-Schaumweine von den reiferen „Reserven“. Bei diesen wiederum will man ein zu süßes Geschmacksbild vermeiden, weshalb gesetzlich (!) auch der Restzuckergehalt (RZ) der Reserven mit 12 Gramm pro Liter limitiert ist. Hier gibt es also lediglich die Option auf Brut Nature (0 bis 3 Gramm RZ/Liter), Extra Brut (bis 6 Gramm) oder Brut (bis 12 Gramm). Diese Sekte sind auch als Speisenbegleiter gedacht, etwa im klassischen Pairing mit Meeresfrüchten oder schärferen Gerichten.

Auf die höchste Qualitätsstufe, in der sogar Ortsbezeichnungen möglich sind (wenn das Rebmaterial von hier stammt!), müssen Genießer noch ein Jahr warten. Denn erst nach drei Jahren dürfen diese flaschenvergorenen Spitzensekte (Österreichischer Sekt Große Reserve g. U.) verkauft werden. Aber auch bis 2018 wird der heimische Sekt nicht ausgehen. Welche aktuell erhältlichen Schaumweine empfehlenswert sind, klärte das ÖGZ-Weinquartett für Sie entdeckt hat. Statt Simple Syrup oder Likören kommen vermehrt Süßweine in den Shaker. Ein Pionier dabei war der Barchef des „heuer“ am Karlsplatz, Bert Jachmann, der für eine Art flüssiges Dessert von Cocktail z. B. Rosenblüten-Rum, weiße Crème de Cacao, etwas Beerenauslese, frische Maracuja mit einem Schuss Obers im Blender mixt. Für Jachmann geben „die Honig- und Fruchtnoten, vor allem Lychee, Stachelbeere und Quitte einen guten Partner für Spirituosen ab“. 

Balancierend am Ende

Sein Kollege „Geri“ Kozbach-Tsai („Tür 7“, Wien-Josefstadt) stimmt ihm zu: „Beerenauslesen eignen sich wunderbar, um dem Drink nicht nur einfache Süße, sondern auch eine sanfte Fruchtigkeit mit alkoholischer Nachhaltigkeit zu geben.“ Denn wie beim Wein-Pairing in der Sommellerie geht es auch an der Bar vor allem um eine Süße-Säure-Balance. Davon lebt die TBA, für die das Jahr 2017, so reich wie kaum ein anderes an weingesetzlichen Änderungen (die ÖGZ berichtete laufend), auch eine Neuerung gebracht hat. So wurde die Bezeichnung „Ausbruch“ bundesweit untersagt bzw. ausschließlich für Weine aus der Freistadt Rust (Burgenland) festgeschrieben. „Ruster Ausbruch“ bleibt nunmehr hochgradigen Trockenbeerenauslesen aus diesem geografischen Gebiet vorbehalten. 

Rund um den Neusiedler See kann man sich auch Anregungen holen, wie man Prädikatsweine und Desserts verbindet. Denn die Patisserie hat nicht von ungefähr eine hohe (Wein-)Kompetenz, wenn es um den süßen Abschluss eines Menüs geht: Von ein paar Tropfen Süßwein in der Rahmkipferl-Füllung oder über der Palatschinke bis hin zum Auslese-Gelée, das reifen Käse begleitet. Solange dazu auch ein Glas Beerenauslese gereicht wird, ist die süße Welt wieder in Ordnung.