Mit Filterkaffee beim Gast ­zum Frühstück punkten

Kaffee
03.12.2020

Von: Thomas Askan Vierich
Gäste schätzen zum Frühstück einen guten Filterkaffee. Kaffee-Experte Goran Huber vom Kaffee-Institut in ­Innsbruck erklärt, worauf es bei der Qualität ankommt.
Goran Huber in seinem Kaffee-Institut.
Das Wasser darf nicht mehr kochen.
Es kommt auf Mahlgrad, Temperatur und Bohne an.

Sie trinken selbst gerne Filterkaffee?
Goran Huber (mit Kaffeetasse in der Hand): Ja, der gehört zu einem guten Frühstück. Morgens möchte man auch etwas Leichteres trinken. Ein guter Filterkaffee ist sehr aromatisch, mit weniger Bitterstoffen, und die Auswahl ist auch größer geworden.

Stimmt meine Wahrnehmung, dass sich Filterkaffee bei uns immer mehr durchsetzt? Auch in anspruchsvollen Coffeeshops? Dass er dort regelrecht zelebriert wird?
Ja, die Nachfrage in der Gastronomie steigt eindeutig. Auch die Ansprüche steigen: Ein gut zubereiteter Filterkaffee ist Genuss pur. Man muss nur das alte Negativimage aus dem Kopf bekommen. Früher haben alle von der Crema beim Espresso gesprochen und daran die Qualität eines Kaffees bemessen. Crema hat aber mit der Kaffeequalität null zu tun.

Warum hat man sich in Österreich so sehr an die italienische Espresso-Kultur angepasst?
Früher hat man auch bei uns viel Filterkaffee getrunken. Dann kamen der Espresso und der Verlängerte. Das hat viel mit der regionalen Nähe zu Italien zu tun. Allerdings war unser Verlängerter früher besser. Das liegt an der Zubereitung. Wir haben einen Espresso mit einem Kännchen heißem Wasser serviert. Das ist aromatisch viel besser, als einfach einen Espresso länger mit mehr Wasser zu brühen. Dann nimmt er viel zu viele Bitterstoffe auf. Das kann man verhindern, wenn man eine gröbere Mahlung nimmt, dann fließt das Wasser schneller durch. So bekommt man aber wiederum einen schlechteren Espresso.

Schmeckt ein guter Verlängerter wie ein guter Filterkaffee?
Ein Verlängerter ist auch mild und aromatisch. Bei Filterkaffee kann man aber die Bitterstoffe leichter reduzieren, und die Aromen kommen noch besser zur Geltung. Das liegt am geringeren Druck. Der Mahlgrad ist etwas gröber, damit die größere Wassermenge nicht allzu lange mit dem Kaffeepulver in Berührung kommt. Die Extraktionszeit bei einem Filterkaffe ist aber trotzdem zwischen zwei und sechs Minuten. Beim Espresso sind das nur 20 bis 30 Sekunden. 
Unter Druck löst man aber auch unerwünschte Geschmacksstoffe. Bei weniger als zwei Minuten ohne Druck wäre ein Filterkaffee unter-extrahiert. Es kommt zusätzlich noch auf die Wasserqualität, also den Härtegrad, und die Temperatur an. Die sollte bei einem Filterkaffee nicht viel höher als 96 Grad sein.

Gibt es spezielle Kaffeesorten oder Röstungen, die für Filterkaffee besonders geeignet sind?
Auf alle Fälle keine Bohnen für Espresso! In der Regel wird für Filterkaffee heller geröstet. Bei einer dunklen Röstung verliere ich an Körper und auch an Aromen. Für Espresso wird in der Regel deshalb länger geröstet, um Säure abzubauen. Unter 9 Bar Druck würde ein heller Kaffee zu sauer werden. Allerdings muss ich sagen, dass die Bohnenqualität des in der Gastronomie verwendeten Filterkaffees noch ausbaufähig ist. Hier zu sparen ist kontraproduktiv. Eine Tasse Filterkaffee kostet 10, 15, höchstens 20 Cent. Hier hat man im Einkauf durchaus noch Spielraum für bessere Qualität und behält trotzdem eine gute Wirtschaftlichkeit.

Wie würden Sie im Hotel beim Frühstück Filterkaffee servieren? Für jeden Gast am Tisch einen handgefilterten Kaffee? Oder doch lieber aus dem Vollautomaten?
Der handgefilterte Kaffee ist doch eher etwas für zu Hause oder für Spezialisten. Für Gastronomie und Hotellerie kommen schon rein mengenmäßig weitgehend Automaten infrage. Hier gibt es mittlerweile für jeden Anspruch die geeigneten Maschinen. Wichtig ist, dass Filterkaffeemaschinen entsprechend eingestellt und gewartet werden. Wichtig ist, dass der Kaffee immer frisch gemahlen wird. Und man sollte Kaffee, auch ganze Bohnen, nicht auf Vorrat kaufen. Kaffee ist kein Rotwein, man kann ihn nicht lange lagern. Auch ganze Bohnen nicht.

Wenn man schon einen Siebträger und/oder einen Vollautomaten für Espresso hat: Muss man dann noch einen Automaten für Filterkaffee zusätzlich anschaffen?
Ja, natürlich. Im Restaurant oder in einer Bar würde ich wohl weiter auf Espresso setzen. Aber zu einem guten Hotel gehört zum Frühstück guter Filterkaffee.

Glauben die meisten immer noch, dass ein Espresso der „bessere“ Kaffee ist? Oder erwarten speziell deutsche, englische oder amerikanische Gäste eher einen guten Filterkaffee als einen Espresso?
Morgens bevorzugen fast alle Gäste einen Filterkaffee. Auch Österreicher, sogar Italiener. Untertags bevorzugen fast alle einen Verlängerten – außer vielleicht Italiener. Viele würden auch gerne einen guten Tee trinken. Wenn es einen gäbe. Guter Tee ist immer teurer als guter Filterkaffee oder Espresso. Eine gute Tasse Tee kostet meist mehr als 30 Cent.

Kann man mit einer Frenchpress auch guten Filterkaffee erzeugen?
Ja, das ist eine gute und einfach zu handhabende Filtermethode. Auch hier kommt es auf Mahlgrad, Wasser und Bohnenmenge an. Beim Handfiltern ist wichtig, dass das Wasser nicht zu heiß ist, es darf nicht mehr kochen. Man lässt das Pulver im Filter mit etwas Wasser aufquellen, um das CO2 entweichen zu lassen, und filtert dann nach und nach die gewünschte Menge. Für einen Liter Wasser bracht man ungefähr 55 bis 65 Gramm Kaffee. Die Kontaktzeit sollte zwischen zwei und sechs Minuten liegen. Die Feinheiten muss man einfach ausprobieren. Das ist wie beim Kochen. Man muss sich mit dem Thema wirklich auseinandersetzen.