Man hat schließlich Verantwortung

Gault Millau
17.09.2018

Von: Barbara Egger
Haubenküche muss wirtschaftlich sein. Daran hält der einst jüngste Haubenkoch Österreichs und Koch des Jahres 2019 Benjamin Parth unumstößlich fest.
Frisch gekürter Koch des Jahres: Benjamin Parth (30)

„Ein Ausnahmetalent“, sagen die Herausgeber vom GaultMillau, Martina und Karl Hohenlohe, über Benjamin Parth. „Jedes Gericht perfekt komponiert und messerscharf exekutiert. Meistens überraschend, manchmal edgy, immer seiner Linie treu. So sieht ein Koch des Jahres aus.“

Für den Paznauner ist Ischgl einer der besten gastronomischen Standorte Österreichs. „Es gibt in Frankreich viele Restaurants, die würden sich eine Lage wie Ischgl wünschen.“Der Aufstieg Ischgls hat auch viel mit dem persönlichen Aufstieg von Benjamin Parth zu tun. Das Drei-Hauben-Restaurant Stüva war früher ein ganz normales Gasthaus. Parth hat mit 19 im elterlichen Betrieb mit Hotel Yscla und Restaurant Stüva begonnen. Jetzt ist er 30 Jahre alt. Und hochdekoriert.

Eine solche Entwicklung habe er sich damals nicht wirklich vorstellen können. Fügt aber verschmitzt an: „Ich wäre kein Parth, hätte ich nicht ein wenig Selbstbewusstsein.“ Neben dem Kochtalent, dem Selbstbewusstsein, dem Team, der tüchtigen Lebensgefährtin und Eltern als Fels in der Brandung im Hintergrund und dem Umstand, dass der familieneigene Hotelbetrieb die Wirtschaftlichkeit gehobener Küche mehr oder weniger garantiert, dürfte es die Reduktion auf das Wesentliche sein, die zum Erfolg geführt haben.

Puristisch, minimalistisch

Das Interieur des Haubenrestaurants Stüva ist modern und schlicht und passt zur Philosophie, die Parth als puristisch und minimalistisch bezeichnet. An den elf Tischen haben bis zu 35 Gäste Platz, die so erstklassig und personalisiert bedient werden können. „In der Küche konzentrieren wir uns komplett auf den Geschmack. Wir möchten es dem Gast so gut und so einfach wie möglich machen, das aber mit den besten Lebensmitteln.“ Das gehe natürlich nicht nur regional. „Wenn wir aber ein regionales Gericht machen, dann so richtig regional.“ Nie mehr als drei Geschmackskomponenten führt Benjamin Parth reduziert zu einem Gericht zusammen. Er wird als „Meister der Suppen und Saucen“ bezeichnet, setzt auf puristische, klare Kreationen und „betörende Geschmacksdichte“.

Wirtschaftlichkeit geht vor

Wo setzt ein Benny Parth an? Beim Kochen, bei den Trends, bei der Wirtschaftlichkeit? „Bei der Wirtschaftlichkeit. Die ist am wichtigsten. Wenn die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben ist, hilft das größte Kochtalent nichts. Als nächstes kommt der Gast. Was will er, was braucht er? Man kann auch am Gast vorbeikochen. Aber ich bleibe dabei. Es muss wirtschaftlich sein. Man hat ja ein Team um sich. Das sind Menschen und deren Familien, für die man verantwortlich ist. Ich bin auch Führungskraft, und ich muss dafür auch gerade stehen, wenn ich Mist bauen würde. Da hat man Verantwortung, ob man will oder nicht. Das unterschätzen manche.“

Wie der Spagat zwischen Anspruch und Wirtschaftlichkeit zu packen ist, dafür hat Parth kein Patentrezept. „Den Spagat muss man einfach packen. Schlechte Tage können wir über das Hotel ausgleichen. Wesentlich ist aber, dass wir uns mit dem Restaurant hochgearbeitet haben.“ Man müsse über die Jahre lernen, den Wareneinkauf, Preisgestaltung, Teamführung in den Griff zu bekommen.

Wie stark ist der Druck mit dem Erreichtem und den vielen Auszeichnungen umzugehen? „Die vierte Haube möchten wir schon noch mitnehmen. Nach dieser Auszeichnung sind wir noch heißer darauf.“ Natürlich sei immer ein „bisschen Druck“ mit dabei, dass sich der Gast nach jeder Auszeichnung noch einmal etwas Besonderes vorstellt. Mit dem „bisschen Druck“ geht Parth sportlich um. „Den hat ja jeder Sportler auch.“ Allerdings: Im Unterschied zum Spitzensportler, der seine Leistung bei Wettkämpfen abrufen muss, stehen wir Spitzenköche sechs Tage die Woche im Fokus. Machen wir einen Fehler, heißt es der kann nicht mehr kochen. Fällt einer beim Skirennen aus, dann hatte er einen schlechten Tag und beim nächsten Rennen eine neue Chance. Bei uns steht immer die Wirtschaftlichkeit auf dem Spiel. Der Gast kommt nicht mehr, wenn er das erste Mal da war und dabei etwas schief gelaufen ist.“

Angst, dem Druck nicht standhalten zu können, hat Benjamin Parth nicht wirklich. Beschönigt aber nichts: „Jeder hat Angst. Es gibt Tage, wo man diese spürt. Wenn man Verantwortung trägt, in Führungsposition ist, wird man damit unweigerlich konfrontiert. Da muss man durch. Einfach mal raus, eine Stunde Sport und die Sache schaut schon wieder anders aus.“

Benjamin Parths Lieblingssportarten sind das Mountainbiken und Snowboarden und wie er selbst sagt, kommt bald „Kinderwagen schieben“ dazu. Im Februar 2019 erwartet Lebensgefährtin Sarah Falch, mehrfach ausgezeichnete Sommeliere des Stüva, ein Baby. „Wir erwarten die vierte Generation Parth“, freut sich der Koch des Jahres. Ob diese Freude höher wiegt als alle Auszeichnungen dieser Welt, lässt der werdende Vater unbeantwortet. Seine veränderte Stimme aber sagt so einiges aus: Freude, Stolz....

Lehr- und Wanderjahre

Residenz Heinz Winkler in Aschau im Chiemgau, Sven Elverfeld Restaurant „Aqua“ in Wolfsburg, Restaurant „L’Univers“ von Christian Plumail in Nizza, Restaurant „Bind“ von Christian Bind in Krusa, Dänemark, das „L’Auberge de l‘Ill“ von Marc Haeberlin in Illhaeusern, Frankreich und das „Can Fabes“ von Santi Santamaria in Sant Celoni, Spanien