Bald 100 und voll im Saft: Der Zweigelt

ÖGZ-Verkostung
26.03.2021

Von: Roland Graf
Der wichtigste Rotwein des Landes kann immer noch überraschen – man muss es nur zulassen. ­Als Winzer, aber auch in der Weinempfehlung beim Gast. 

Gäbe es eine Export-Statistik, welche die Rebstöcke und nicht die Weine erfasst, wäre der Zweigelt ganz vorne. Im kanadischen Prince Edward County wird er ausgepflanzt, in der Ost-Schweiz ebenfalls. Die beiden nicht gerade für mediterrane Temperaturen bekannten Weltgegenden zeigen einen der Vorteile der 99 Jahre alten Züchtung: die Robustheit. Sie hat zusammen mit der starken Ertragskraft den Boden auch in Nachkriegsösterreich bereitet. Die nächste Phase kann man mit den 1980er-Jahren beginnen lassen – es war der Lernprozess, sich von der reinen Ertragskraft der beliebten Sorte zu verabschieden. „Die schenan Beer’n“ konnte man allenthalben in den Weingärten hören, wenn ausgedünnt wurde, wie die freiwillige Ertragsbeschränkung heißt. Die Freunde der Grünlese hatten recht: Heute ist Zweigelt der beliebteste Rotwein des Landes. 

Im Top-Bereich

Doch Menge allein sagt nichts. Dass er spät, aber doch auch DAC-Status erhielt, unterstreicht die erlangte Geltung auch im Bereich der Top-Weine. Denn als süffiges (Schank-)Achtel war der Zweigelt spätestens seit dem Rückgang des reinsortigen Portugiesers nicht mehr zu schlagen. In gewisser Weise war die Kreuzung aus St. Laurent und Blaufränkisch ein Opfer des eigenen Erfolgs. Doch mittlerweile geht auch hier ein Stilwandel hin zu eleganteren Ausbaustilen ins Land. Zumal der von „Altspatzen“ immer noch im Viertelglas getrunkene „samtige“ Zweigelt sich hervorragend als gekühltes Glas eignet. Wärmende Aromatik bedeutet schließlich nicht automatisch Zimmertemperatur.

Dann kann der in Österreich selbst in Kärntner und Tiroler Bergtälern kultivierte Rotwein auch so etwas wie Terroir transportieren. Denn dass sich seine Dörrzwetschken-Noten fein mit kleinen und großen Holzfässern vertragen, muss der „Rotburger“ (so der ursprüngliche Name) nicht beweisen. Welche Bandbreite die Sorte aufweist, die jeder zu kennen glaubt, zeigte die Auswahl, die das ÖGZ-Kostquartett unter die Lupe nahm!

ÖGZ-Sieger 2021 der Kategorie "Zweigelt"

Keringer: Sanfter Gaumenstreichler holt Gold

Gobelsburg: Burgundisch und „ÖGZ-Gold“ wert